Wenn Eltern sich entscheiden, ihr verstorbenes Kind nicht sehen zu wollen, liegt das aus meiner Erfahrung fast immer an fehlender oder unzureichender Beratung und Begleitung.
Ich weiß, wie provokant dieser Satz klingt. Und doch ist es wichtig, ihn auszusprechen.

Denn: Eltern tragen in dieser unvorstellbaren Situation enorme Ängste in sich – Ängste, die wir als Fachpersonen ernst nehmen und verstehen müssen.
Unsere Aufgabe ist es nicht, sie zu drängen oder zu überreden. Unsere Aufgabe ist es, ihnen die emotionalen Prozesse zu erklären, in denen sie sich gerade befinden, und ihre Ängste behutsam sichtbar zu machen.

Wenn Eltern begreifen, was hinter ihrer Angst steckt, öffnet sich meistens (wieder) eine Tür: die Tür zur Liebe für ihr Kind.
In dem Moment, in dem sie ihre Angst verstehen, können sie in den Kontakt mit ihrem verstorbenen Kind gehen – ein Kontakt, der nicht nur zu einer tiefen und heilsamen Erinnerung wird, sondern auch essentiell notwendig für einen gesunden Trauerprozess ist.


Floskeln an Trauernde zu richten, ist nicht „nur unbedacht“ – es ist eine Form von seelischer Körperverletzung. Vorsätzlich.

Denn jedes dieser Sätze trifft nicht einfach daneben – sie treffen mitten ins Herz.

❗️ „Du bist doch noch jung, du kannst noch viele Kinder haben.“
❗️ „Wer weiß, wozu es gut ist.“
❗️ „Du hast doch schon zwei Kinder.“
❗️ „Jetzt muss aber auch mal wieder gut sein.“

Solche Aussagen sollen trösten – doch sie tun das Gegenteil.
💔Sie verleugnen den Schmerz.
💔Sie sprechen dem verstorbenen Kind/dem Verstorbenen seine Bedeutung ab.
💔Sie schieben Trauer zur Seite, als sei sie eine Störung.

Was bleibt, ist Sprachlosigkeit und eine noch grössere Verwundung. Und das Gefühl, nicht gesehen, nicht verstanden, nicht ernst genommen zu werden.

❗️Trauer braucht keine Floskeln.❗️

Sie braucht Raum. Mitgefühl. Wahrhaftigkeit.
Und die Demut, nichts reparieren zu wollen, was nicht repariert werden kann.

Wenn du jemanden kennst, der trauert, dann sag nicht: „Das Leben geht weiter.“

Sondern vielleicht einfach:
🌸 „Ich bin hier.“
🌸 „Ich sehe deinen Schmerz.“
🌸 „Du darfst trauern – so lange, wie du es brauchst.“


Ein starker Satz – und ein wichtiger Gedanke.

In der Begleitung von Menschen in Krisen oder Trauer ist Empathie ein zentrales Werkzeug. Doch sie birgt auch eine Gefahr: Wenn wir glauben, genau zu wissen, wie es dem anderen geht. Wenn wir unsere eigene emotionale Resonanz für die Wahrheit des anderen halten.

Empathie heißt mitfühlen, nicht wissen.
Es bleibt unsere Interpretation – gefärbt von unserer Geschichte, unseren Erfahrungen, unserer Sichtweise. Und gerade in sensiblen Momenten kann das dazu führen, dass wir anstelle des anderen sprechen, ihn übergehen oder missverstehen.

Deshalb braucht es mehr als Empathie: Es braucht Achtsamkeit, echtes Zuhören, Demut und die Bereitschaft, den anderen in seinem ganz eigenen Erleben zu sehen – auch wenn wir es vielleicht nicht ganz nachvollziehen können.

Wahre Begleitung beginnt da, wo wir aufhören zu glauben, wir wüssten, wie es ist. Und stattdessen Raum lassen für das, was ist.


Wir hören oft nicht wirklich zu. Während unser Gegenüber noch spricht, denken wir schon darüber nach, was wir sagen wollen – einen Ratschlag, eine eigene Erfahrung, einen gut gemeinten Trost.

Aber genau das brauchen Menschen in einer Krise nicht. Sie brauchen kein schnelles Wort, keine Lösung, keine Antwort. Sie brauchen echtes Zuhören. Ein Zuhören, das sich zurücknimmt. Das nicht bewertet, nicht vergleicht, nicht übergeht.

Zuhören, nur um zu antworten, wird dem Schmerz und der Geschichte des anderen nicht gerecht. Es ist – so hart es klingt – respektlos. Es stellt unsere Perspektive über das, was der andere gerade fühlt.

Wenn wir Menschen in tiefen Krisen wirklich begleiten wollen, dann müssen wir lernen, anders zuzuhören. Mit offenem Herzen. Mit dem ehrlichen Wunsch, zu verstehen – nicht zu reagieren.

Denn darin liegt wahre Unterstützung: Im Dasein. Im Aushalten. Im Raum geben – ohne ihn sofort mit Worten füllen zu müssen. Dann hat der zu begleitende Mensch die Möglichkeit, sich selbst zu helfen.


„Ich verstehe dich!“
„Ich weiss, wie du dich fühlst!“

Diese und viele ähnliche Sätze bekommen die Trauernden zu hören. Was tröstend gemeint ist, gibt vielen eher das Gefühl, nicht wahrgenommen zu werden. Hören wir einfach zu und ganz genau hin!


Es scheint fast wie ein Automatismus, dass die Frauen nach der Stillen Geburt die Abstilltablette bekommen - häufig sogar, ohne ihnen zu erklären, was sie da einnehmen - geschweige denn, dass man überhaupt nachgefragt hat, ob sie diesen Weg gehen möchten.
Mütter nach einer Stillen Geburt sind keine unmündigen Wesen - wir dürfen und müssen sie über die Prozesse aufklären und ihnen die Entscheidung überlassen!


Immer wieder hören wir von den Müttern in der Begleitung, dass man einfach ihren Mutterpass nicht zuende ausgefüllt hat. Manchmal bekommen sie sogar zu hören, dass das ja jetzt nicht mehr von Bedeutung sei.
Doch, es ist von Bedeutung!! Die Mamas sind und bleiben Mamas! Die Schwangerschaft wurde zuende geführt und es gibt ein Kind. Es macht keinen Unterschied, ob es lebt oder gestorben ist. Für die Mamas ist nach dem Tod des Kindes der komplett ausgefüllte Mutterpass sogar oftmals noch wichtiger als bei einem lebenden Kind.

Liebe geburtshilfliche KollegInnen, bitte füllt die Mutterpässe i m m e r zuende aus. Es ist letztendlich nicht nur eure Pflicht, sondern hat auch ganz viel mit Respekt und Wertschätzung zu tun - beiden gegenüber - der Mama und dem Kind.